Noch weniger Gas aus Russland? Bundesnetzagentur mit klarer Warnung

04.08.2022
Gasversorgung Deutschland RusslandZu wenigen Themen gibt es derzeit so unterschiedliche Überlegungen wie zur Gasversorgung Europas durch Russland. Optimisten etwa gehen derzeit davon aus, die erneute Reduzierung der Lieferungen über die Pipeline North Stream 1 auf nur noch ein Fünftel der Maximalversorgung sei tatsächlich auf die Folgen der Wartungsarbeiten zurückführen. Die gegenteilige Meinung vertritt Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur. Müller betont in aktuellen Interviews, gehe nicht davon aus, dass das Liefervolumen der Ostseepipeline in naher Zukunft auf das bisherige Kontingent von 40 Prozent gesteigert werden. Vielmehr sieht Müller klare Hinweise darauf, dass Erdgas längst Teil der russischen Außenpolitik geworden sei und auch für Russland militärische Strategie zunehmend an Bedeutung gewonnen habe.

Hintergrund war die Meldung des russischen Energieriesen Gazprom vom Beginn dieser Woche. Der Konzern bekannt gegeben, wegen weiter andauernder Wartungsarbeiten könnten vorerst nur 20 Prozent der normalerweise möglichen Gasmengen an Partner geliefert werden.

Russland zieht scheinbar alternative Routen zur Lieferung in Betracht

Zeitnah folgten Meldungen, Russland könnte Europa stattdessen in größerem Umfang über ukrainische und slowakische Routen mit Gas versorgen. Doch auch von solchen Berichten hält Netzagentur-Chef Müller wenig. Aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Russland hatte seit Kriegsbeginn hinsichtlich seiner Energieverträge Versprechen abgegeben, dieser aber in vielen Fällen nicht eingehalten. Die Ankündigung des Staatskonzerns Gazprom, die Pipeline Transgas stärker auszuhalten, um mehr Gas in die Richtung der Slowakei zu liefern, werten andere Beobachter dennoch als immerhin tendenziell gutes Zeichen. Was sich hingegen fürs Erste kaum jemand vorstellen kann: Eine Rückkehr zu Gaslieferungen in einer Größenordnung wie in der Zeit vor dem Beginn des Kriegs in der Ukraine. Zumal auch andere Faktoren wie die hohen Inflationsraten eine Rolle spielen.

Bundesnetzagentur-Präsident sieht Notwendigkeit noch größerer Einsparungen

Zeitgleich herrscht ebenfalls Uneinigkeit dahingehend, mit welchen Einschränkungen Industrie und Haushalte im kommenden Winter rechnen müssen. Viele Politiker schwören vor allem Verbraucher auf einen harten Sparkurs ein. Die Bundesnetzagentur widmete sich auch der Frage nach dem bisherigen Erfolg der Sparmaßnahmen. Bisher, so Behördenchef Müller, hätten die Verbraucher im Land ihren Gasverbrauch um rund 14 Prozent reduziert. Die Richtung stimme, erstrebenswert sei jedoch eine Reduzierung um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zudem sei ein Großteil der erzielten Einsparung vor allem auf das vergleichsweise milde Wetter im bisherigen Jahresverlauf zurückzuführen. Mit gutem Beispiel sollen laut dem neuen Energiesparpaket von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unter anderem Unternehmen und öffentliche Einrichtungen vorangehen.

Institute: Auch geringere Gaslieferung muss nicht zu Gasmangel führen

Bei allen aktuellen Hiobsbotschaften gibt es jedoch zumindest gelegentliche gute Nachrichten. Mit dem Münchener Ifo Institut, dem Essener „RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung“, dem „Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle“ (IWH) und dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) haben sich vier der wichtigsten deutschen Wirtschaftsinstitute die Frage „was wäre, wenn …?“ gestellt. Es ging darum, welche Folgen bei einer dauerhaften Reduzierung der russischen Gaslieferungen zu erwarten wären. Die Experten kommen in ihren Berechnungen zu dem Ergebnis, dass es selbst dann im Winter wahrscheinlich keinen Gasmangel in Deutschland geben würde. Auch im folgenden Winter würden die Gasreserven ausreichen, wenn die von den Analysten zugrunde gelegten Annahmen eintreten.

Gaspreise reagieren empfindlich auf erneute Gasdrosselung

An der weiter angespannten Lage auf dem Gasmarkt ändern solche Rechenmodelle freilich wenig. Zur Wochenmitte hatte der Preis für eine Megawattstunde Gas am Großhandels-Referenzmarkt TTF in den Niederlanden einen deutlichen Anstieg um gut 35 Euro auf 214 Euro verzeichnet. Hätte der Rohstoff nicht kurz nach Beginn des Krieges einen noch stärkeren Ausbruch verzeichnet, hätte der Gaspreis damit einen neuen Rekordstand erreicht. Britisches Erdgas kostete bei Redaktionsschluss knapp 376 Britische Pfund (Quelle: finanztreff.de), was umgerechnet etwa 448 Euro entsprach. Verbraucher und Unternehmen dürften insofern schon bald ungleich stärker an diesem Preisanstieg beteiligt werden. Die Politik macht inzwischen den Weg frei, um Versorger zu entlasten. Auch die EU-Energieminister wollen mit ihrem neuen Notfallplan dafür sorgen, dass Europa besser auf weitere Lieferkürzungen aus Russland vorbereitet ist.

Kunden sollten vorausschauend planen und Abschläge deutlich aufstocken

Verbraucherschützer raten Bürgerinnen und Bürgern in der schwierigen Situation dringend zu Anpassung ihrer monatlichen Abschläge in der Krise. Eine Anhebung um 100 Prozent, besser noch eine Verdreifachung halten etliche Experten für sinnvoll als Reaktion auf die aktuelle Marktlage. Andernfalls könnten Haushalten und Firmen spätestens im Frühjahr 2023 hohe Nachforderungen durch die Gasanbieter drohen. Einzelne Wirtschaftsverbände warnen gerade bei Kleinbetrieben und im Mittelstand vor der Gefahr eines deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen. Gerade für Geringverdiener aber stellt in Verbindung mit allgemein steigenden Lebenshaltungskosten die Frage nach der Finanzierbarkeit solch hoher Abschläge. Nachforderungen aber dürften hier noch zu einem weitaus größeren Problem.

Unser TippWissenswert:
Einige Branchenkenner gehen davon aus, dass die Preise 2023 und 2024 sogar noch weiter ausbrechen könnten. Denn bisher erfolge die Versorgung aus vorhandenen Reserven. Die Einpreisung der kriegsbedingten Engpässe werde Kundinnen und Kunden erst zu einem späteren Zeitpunkt erreichen.

Gas Preisvergleich
Strom Preisvergleich
News

Effizient Heizen mit Wärmepumpen: Bis zu 31 Prozent weniger Heizkosten im Vergleich zu Erdgas
Effizient Heizen mit Wärmepumpen: Bis zu 31 Prozent weniger Heizkosten im Vergleich zu Erdgas

24.04.2023
Wärmepumpen Heizkosten Vergleich zu GasEine Untersuchung von Verivox hat ergeben, dass Haushalte, die eine effiziente Wärmepumpe nutzen, um ihre Räumlichkeiten zu beheizen, im Vergleich zu Haushalten mit einer Erdgas-Heizung rund 31 Prozent weniger Heizkosten haben.

Energieverbrauch sinkt wetterbedingt bei weiter steigenden Gaspreisen
Energieverbrauch sinkt wetterbedingt bei weiter steigenden Gaspreisen

08.08.2022
Energieverbrauch und GaspreisDas Wetter der vergangenen Monate ist ohne Frage nicht für jeden erfreulich. Viele Landwirte beklagen das milde Wetter und das Fehlen der für Ernten wichtigen regelmäßigen Niederschläge.

Noch weniger Gas aus Russland? Bundesnetzagentur mit klarer Warnung
Noch weniger Gas aus Russland? Bundesnetzagentur mit klarer Warnung

04.08.2022
Gasversorgung Deutschland RusslandZu wenigen Themen gibt es derzeit so unterschiedliche Überlegungen wie zur Gasversorgung Europas durch Russland.

Aktuelle Ratgeber
Gaspreiserhöhung: Umgehend Gelegenheit fürs Sparen nutzen!
Gaspreiserhöhung: Umgehend Gelegenheit fürs Sparen nutzen!

GaspreiserhöhungSchaut man sich Statistiken zu den Entwicklungen der Gaspreise in den vergangenen Jahren an, weist die Preiskurve übergeordnet eine eindeutige Tendenz auf:

Gaspreisentwicklung 2022 – Tarifwechsel hilft trotz stetig steigender Preise
Gaspreisentwicklung 2022 – Tarifwechsel hilft trotz stetig steigender Preise

GaspreisentwicklungAuch wenn Sie nicht zu den Verbrauchern gehören sollten, die einmal oder sogar häufiger pro Jahr einen Wechsel des Gasanbieters in Betracht ziehen

Ratschläge zum Heizkosten einsparen – das Wichtigste zusammengefasst
Ratschläge zum Heizkosten einsparen – das Wichtigste zusammengefasst

Ratschläge zum Heizkosten einsparenDie Heizkosten nehmen einen großen Anteil an den Nebenkosten ein. Es macht deshalb Sinn, die Heizkosten einsparen zu wollen.

Allgemeines
Gasanbieter finden 2023 – günstige Gasanbieter im direktem Vergleich
Gasanbieter finden 2023 – günstige Gasanbieter im direktem Vergleich

Günstigen Gasanbieter findenGasanbieter gibt es eine große Anzahl. Um den geeigneten Gasanbieter zu finden, sollte das Augenmerk ebenso auf die regionalen Versorger gerichtet sein.

Gasanbieter Vergleichsportal 2023 – günstige Gaspreise vergleichen
Gasanbieter Vergleichsportal 2023 – günstige Gaspreise vergleichen

Beste Gasanbieter VergleichsportalGasanbieter gibt es viele, sodass die Verbraucher den geeigneten Provider mithilfe des entsprechenden Gasanbieter Vergleichsportals rasch finden können.

Gasanbieter Prämie 2023 – Gas wechseln und Prämie sichern
Gasanbieter Prämie 2023 – Gas wechseln und Prämie sichern

Eine Gasanbieter Prämie ist beachtlich und sehenswert.