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Gas aus Katar – offene Punkte könnten für Verbraucher teuer werden
10.05.2022
Als der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck im März – also kurz nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine – seine Reise in das Emirat Katar am Persischen Golf reiste, war von Anfang ein Thema für hitzige Debatten. Während viele Beobachter die Hoffnung auf eine schnelle Alternative zur Versorgung mit russischem Gas hegten, verwiesen Kritiker vor allem auf die moralischen Bedenken. Seit jeher sind es gerade die Verstöße gegen Menschenrechte im arabischen Land, die als Argument gegen Lieferverträge angeführt werden. Als größter Exporteur von Flüssiggas (LNG) stand Katar jedoch von Anfang weit oben der Liste der Wunschkandidaten. Der Handschlag zwischen dem deutschen Bundesminister und Scheich Mohammed bin Hamad bin Kasim al-Abdullah Al Thani, seines Zeichens Minister für Handel und Industrie, zog weite mediale Kreise. Es sah so aus, als wäre der Grundstein für eine weitreichende Unabhängigkeit von russischen Lieferungen in greifbare Nähe gerückt.
Ganz ohne Schwierigkeiten scheinen die anhaltenden Verhandlungen zwischen Deutschland und Katar bisher jedoch nicht zu verlaufen. Insbesondere ein Aspekt könnte Energieexperten zufolge für weiter steigende Preise und damit für Unternehmen und Haushalte mit Gasbedarf nach sich ziehen.
Bisher keine Einigung über zentrale Vertragsfragen
Beide Seiten teilten nach den Gesprächen mit, auf eine stabile, „langfristige Partnerschaft“ zu hoffen. Daran, dass Katar bei Verhandlungen zu Gas- und Öllieferungen am sprichwörtlichen längeren Hebel sitzt, dürfte jedoch kaum jemand bezweifelt haben. Gerade die Vormachtstellung des arabischen Landes im Bereich LNG könnte die Verhandlungsposition Deutschlands erschweren. Hinweise auf Problemen gibt aktuell durchaus. Und die Schwierigkeiten scheinen größer als gedacht. Anders, als medial oft und gerne seit März dargestellt, verweist die Nachrichtenagentur Reuters auf Basis eigener Nachforschungen darauf, der besagte Vertrag für Flüssigkeit sei nicht nur noch nicht abgeschlossen: Es sei vielmehr überhaupt kein Vertragsabschluss „in Sicht“, wie es vonseiten der Agentur in aktuellen Berichten heißt.
Deutschland will CO-Ziele nicht durch lange Laufzeiten gefährden
Ein, wenn nicht gar der wesentlichste Streitpunkt sei dabei unter anderem die Frage, wie lange sich Deutschland zu einer Abnahme verpflichten soll. Katar verlangt angeblich eine Vertragsbindung für einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren, heißt es laut Reuters unter Berufung auf gleich drei Personen, die mit dem Verhandlungsthema vertraut sein sollen. Für die deutschen Unterhändler komme eine derart langfristige Abnahmefrist jedoch nicht infrage. Kein Wunder. So dürfte die deutsche Politik stets auch ein schnelles Ende des Krieges im Hinterkopf haben und bereits an andere, kürzere Lösungen denken. Für den Bundeswirtschaftsminister spielen den Berichten zufolge insbesondere zudem Sorgen hinsichtlich des geplanten Kohleausstiegs eine zentrale Rolle. Minister Habeck sieht in Verträgen mit den von Katar geforderten Laufzeiten eine Gefahr für das deutsche Ziel, den Ausstoß von CO2 bis zum Jahr 2040 wie vereinbart um 88 Prozent zu senken. Aus Expertensicht ist diese Sorge durchaus berechtigt.
Unterschiedliche Positionen auch bei der Berechnung der Gaspreise
Neben den Laufzeiten soll es aber auch die Lieferkosten als solche gehen. Während Deutschland den Gaspreisindex Europas zum Dreh- und Angelpunkt des Gaspreises machen möchte, verfolgen die Verhandlungspartner ein anderes Ziel. Katar möchte die Preise für LNG während der noch offenen Laufzeit an die Preise auf dem internationalen Ölmarkt koppeln. Setzt sich Katar wie befürchtet durch, würde dies für Deutschland auf lange Sicht weitaus höhere Kosten als erhofft bedeuten. Das Dilemma der deutschen Politik (und also auch der Industrie und Verbraucher): Deutschland ist gewissermaßen in Zugzwang durch den immer stärkeren Druck zur Umsetzung eines Energieembargos gegenüber Russland.
Aufgrund fehlender anderer Bezugsquellen werde sich die Bundesregierung vermutlich den Forderungen Katars beugen müssen. Eine Fortsetzung der Gespräche ist zeitnah angesetzt – dieses Mal in Deutschland. Eine Stellungnahme des zuständigen Ministeriums zu den Berichten über die Verhandlungsprobleme gab es bis Redaktionsschluss nicht.