Fracking – Diskussionen über deutsche Gasreserven nehmen Fahrt auf

13.07.2022
Fracking in DeutschlandAuf der Suche nach Möglichkeiten zur Überbrückung der bevorstehenden Energieengpässe kommen auch in Deutschland erneut Themen auf die Agenda, die hierzulande längst als „abgehakt“ galten. Der Ausbau der Kohleverstromung und ein längerer Betrieb der letzten Atomkraftwerke sind nur zwei Überlegungen, wie die deutsche Industrie und Verbraucher vor weiter steigenden Ausgaben oder gar Versorgungseinschränkungen geschützt werden können. Zuletzt war es unter anderem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, der einen Vorschlag zur Nutzung der umstrittenen Fracking-Technik ins Spiel brachte. Auch der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki äußerte sich positiv, dass Fracking als Alternative zu russischem Gas eine gute Übergangslösung sein könnte. Ein Knackpunkt: Die Technologie steht in vielen Ländern Europa seit Jahren massiv in der Kritik. Einige Länder wiederum setzen seit Jahren auf die Technologie, um Abhängigkeiten von ausländischen Lieferanten zu reduzieren.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck positioniert sich eindeutig gegen diesen Ansatz. Selbst in der Wissenschaft gibt es sehr unterschiedliche Meinungen zum Thema Fracking. Indiskutabel scheint das Konzept vor dem Hintergrund des Krieges aber nicht mehr zu sein.

Minister Habeck steht immer stärker unter Druck

Der grüne Bundesminister gerät aufgrund seiner Ablehnung gegenüber den drei erwähnten Optionen zur gesteigerten Selbstversorgung zunehmend unter Druck. Einige Experten gehen davon aus, dass die mittels Fracking verfügbaren deutschen Gasreserven als Reserve bis für zu 30 Jahre ausreichen könnten. Eine Zustimmung für umstrittene Förderungspraxis wäre indes schon deshalb, weil sich die deutsche Politik in der Vergangenheit vehement gegen ähnliche Maßnahmen wie in den USA ausgesprochen hatte. Aus mehreren Gründen.

Physiker warnt vor hohen Fracking-Kosten und falschen Signalen

Der unter anderem am Fraunhofer-Institut für Festkörpertechnologie in München forschende Physiker Dr. Werner Zittel, Verfasser des wegweisenden Buchs „Fracking: Energiewunder oder Umweltsünde?“, etwa bezeichnet Fracking in aktuellen Interviews als „sinnlosen und kostspieligen Versuch“, um die Laufzeiten bei den fossilen Energien Gas und Erdöl künstlich zu verlängern. Statt sich mit der Gegebenheit abzufinden, dass konventionelle Bohrungen keine neuen Vorräte erschließen können, bedeute der Einsatz von Fracking, auch die verbliebenen natürlichen Ressourcen noch auszuschöpfen. Die Kosten für das Verfahren, so Zittel, lägen jedoch wegen des enormen Aufwands weit über dem Nutzen. Etliche andere Experten vertreten ebenfalls die Meinung, dass die Kosten in keinem sinnvollen Verhältnis zu den Kosten für diese Art der Gasgewinnung stehen. Zudem brauche es eine Vielzahl von Bohrungen, um einen möglichen Druckabfall zu verhindern. Eben dieser sei nämlich deutlich größer als bei konventionellen Gasbohrungen.

Zum Vergleich: Laut Zittel liegt der Druckabfall bei konventionellen Bohrungen bei einem Prozent monatlich, bei Fracking belaufe sich die Verlustrate hingegen typischerweise auf etwa zehn Prozent pro Monat.

Enormer Materialbedarf und kostenintensive Logistik bei Fracking

FrackingUm die erforderlichen Materialien (wie etwa große Mengen Sand und zahlreiche Chemikalien) für eine einzige Bohrung an den jeweiligen Standort der Anlagen zu transportieren, seien gut 1.000 Fahrten von LKW nötig. Angesichts der momentan hohen Preise für Kraftstoff ist der Hinweis auf die „unverhältnismäßig Kosten“ nachvollziehbar. Darüber hinaus zeichne sich Fracking durch lange Vorlaufzeiten aus, bevor Reserven – nicht selten auf privaten Grundstücken – überhaupt zugänglich gemacht werden. Den anfänglichen Mühen stehe ein sehr hoher Vorbereitungsaufwand gegenüber. Der Physiker spricht gar von etwa Jahren, bis die Einrichtungen für Bohrungen vor Ort installiert und nutzbar sind. Dabei brauche es bis zu 240 Bohrungen, um per Fracking eine Abdeckung von nur einem Prozent des Verbrauchs von Gas aus der Vergangenheit zu erreichen. Der Experte ist sich weiterhin sicher: Fracking kann keinerlei Einfluss auf Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas haben. Ratsamer sei es für die Politik, deutlich mehr Geld in erneuerbare Energien als Alternativen zur Versorgung zu investieren.

Fracking aus dem Ausland vs. eigene Maßnahmen der Politik

Trotz aller Kritik an der Klimaschädlichkeit und dem Hinweis auf Gefahren wie Erdbebenrisiken in Fracking-Gebieten und potenziellen Grundwasserverschmutzungen sowie die Tatsache, dass kommerzielles Erdgas-Fracking in Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin verboten ist, gibt es auch andere wissenschaftliche Äußerungen. Ganz zu schweigen von kritischen Stimmen aus der politischen Opposition und der Medienlandschaft. Der Vorwurf einer „Doppelmoral“ ist faktisch nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Bundeswirtschaftsminister will nichts von Fracking in Deutschland wissen; zeitgleich aber wird auf dem Seeweg US-amerikanisches Frackinggas geliefert. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Expertengremium der Bundesregierung eine Studie erarbeitet hat, die Fracking als Fördertechnologie als relativ sicher bewertete, wie verschiedene Quellen derzeit berichten.

Wissenschaftler Amro: Fracking bei hohen Förderstandards nicht gefährlich

Eine gänzlich andere Meinung als der Physiker Zittel vertritt Moh’d Amro. Der Professor für Geoströmungs-, Förder- und Speichertechnik an der TU Bergakademie Freiberg vertritt in Interviews eine andere Meinung zum Thema Fracking. Bei richtiger Anwendung der Technologie lasse sich die Umweltgefährdung in überschaubaren Grenzen halten. Auch sei die Technologie „eine wissenschaftlich etablierte Methode“. Die Frage müsse deshalb nicht lauten, ob Deutschland „fracken“ möchten, sondern auf welche Weise. Berichte über Probleme mit Fracking aus den USA würden oftmals missverstanden. Die deutschen Richtlinien würden ähnliche Zwischenfälle weitgehend ausschließen. Moh’d Amro gibt zu bedenken, Deutschlands Schiefergas-Mengen könnten in der Theorie den Bedarf an Gas für etwa 25 Jahren decken.

Große natürliche Schiefergas in etlichen Bundesländern

Die deutschen Reserven Schiefergas würden sich derzeit auf 2,5 Billionen Kubikmeter belaufen. Den Großteil der Bestände gibt es in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder – und hier schließt sich in gewisser Weise der Kreis zur Position Markus Söders – im Freistaat Bayern. Für Amro steht fest, dass die deutsche Politik wertvolle Zeit verstreichen lässt, statt endlich den Weg für eine Fracking-basierte Gasförderung zu ebnen. Allerdings brauche es auch hier einige Jahre, bis die maximalen jährlichen Fördermengen erreicht würden. Umweltgefährdend, so Moh’d Amro, sei Fracking jedenfalls nicht per se. Sollte Russland nach den Wartungsarbeiten an der Pipeline North Stream 1 den Gashahn wie von einigen Experten befürchtet gänzlich zudrehen, dürfte auch Fracking noch weiter in den Mittelpunkt von Diskussionen rücken.

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